1987 Lüdenscheid (kup) - Aus dem Dunstkreis der illegalen »Schmiererszene« sind die fünf jungen Graffiti-Maler schon längst herausgetreten; nun wollen sie etwas gegen den üblen Ruf tun, der den Graffiti-Künstlern anhängt. Zusammen mit dem Kulturamt starten die Lüdenscheider »Sprayer« Ende April eine »Sprühaktion«. Auf Spanplatten werden sie Graffiti Gemälde erstellen und anschließend am 28. April im Haus der Jugend unter dem Motto »Colors 1990« ausstellen.
»Wir wollen deutlich machen, daß Graffiti nichts mit Vandalismus zu tun hat«, sagt Oliver Neumann. Und um bei der Bevölkerung Verständnis dafür zu schaffen, daß sie Kunst machen und nicht nur Häuserwände mit Namenszügen vollschmieren, wollen die Akteure eine versöhnliche Geste vorgenommen: Bevor ihre Sprühaktion beginnt, werden sie den verunzierten »Blechdosen« am Rathausplatz zu Leibe rücken und sie säubern, »Mit diesem symbolischen Akt wollen wir uns von der Schmierer-Szene distanzieren«, sagen die Spraydosen-Maler, die allesamt legal arbeiten und Wände nur nach Auftrag gestalten. Sie gehören zu den bekannten Graffiti-Malern in der Lüdenscheider Szene. »Für die Leute, die illegal sprühen, sind wir die Idole «, sagt Stefan Dressler, der sogar Aufträge aus München bekommt und im Sommer ein Buch über Graffiti herausgeben wird. Unterstützt werden die Sprüher vom Lüdenscheider Kulturamt, das die Materialien und die Räume zur Verfügung stellt. »Es soll klar herausgestellt werden, daß Graffiti
einen hohen künstlerischen Anspruch hat. Und diejenigen, die diesen Anspruch erheben, sollen gefördert werden«, erklärt Mitarbeiter Hans Jürgen Klein. Deshalb bekommen die jungen Sprüher Gelegenheit, sich der Öffentlichkeit zu stellen. »Gerade die Leute, die ein negatives Bild von Graffiti haben, sollen kommen und sich unsere Werke anschauen«, wünscht sich Oliver Neumann. Während der Sprühaktion werden zwei Amateurfilmern auf Video festhalten, wie die Werke entstehen. Der Film wird dann ebenfalls vom 28. April bis zum 5. Mai im Haus der Jugend gezeigt. Dem bekannten amerikanischen Graffiti-Künstler Keith Harring, der im Februar verstarb, haben die jungen Maler ihre Sprühaktion gewidmet. Und um aufzuzeigen, daß man keine Mauern bemalen muß, um kreativ zu sein, gibt es bei der Ausstellungseröffnung eine »Kleider-Graffiti-Aktion«: Besucher können T-Shirts mit er Sprühdose gestalten. Papas Hemd als Alternative zu Nachbars Hauswand ...
BILD: Yves Thome, Stefan Dressler und Oliver Neumann (von links) gehören zu den fünf Lüdenscheidern Graffiti Malern, die Ende April eine Sprühaktion starten werden, um deutlich zu machen, daß ihr Schaffen einen künstlerischen Anspruch hat. Foto: Pohlack