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Altena der 02.03.1995 Altenaer Rundschau
Schrille Farben ganz legal: Graffiti im öffentlichem Auftrag Wartehäuschen, kahle Wände. Stefan Dressler und Reinhard Gersch sorgen mit Spray und Kreativität für Abwechslung Altena. (ina) In schrillen Farben sind sie überall in Altena zu sehen. Jährlich richten sie Schäden an, die nicht seiten vor Gericht verhandelt werden: Wilde Malereien und unerlaubte Schriftzüge auf Hauswänden. Für die beiden Altenaer Stefan Dressler und Reinhard Gersch sind dies schlicht und einfach illegale "Schmierereien". Die beiden sprühen zwar auch - und das für ihr Leben gerne -, aber nur mit Erlaubnis und einem gewissen künstlerischen Anspruch an ihre Graffitis.Die bunten Bilder in Altenaer er Bushäuschen beispielsweisesind ihre Kreation. Ihr aktuellstes Werk, das sie in Zusammenarbeit mit dem Iserlohner Thomas Frankenberg er geschaffen haben, ist an der 150 Quadratmeter großen Wand gegenüber der Sauerlandhalle zu sehen - bunt schrill und abwechselungsreich. Drei Monate haben die drei für die Gestaltung der Fläche benötigt und 300 Dosen Sprühfarbe, 150 Liter."Keiner muß illegal sprühen." Das steht für Reinhard Gersch und Stefan Dressler fest." Die Leute müssen nur aus a dem Quark kommen." Damit meinen die beiden, daß junge Sprüher an Graffiti-Wettbewerben teilnehmen und fragen sollten, ob irgendwo eine Wand zur Verfügung stehe.Die illegalen, "ziemlich schlechten" Werke auf Altenaer Hauswänden sehen die beiden langjährigen Sprüher als die "ersten Gehversuche" von Neulingen in diesem Gebiet.An den für Laien meist unlesbaren Schriftzügen und den Hintergründen sei das Niveau eines Sprühers schon gleich zuerkennen. Auch hätten viele schon ihre eigene "Handschrift". Mit "Kennerblick" hat Stefan Dressler festgestellt, daß derjenige, der sein Werk an der Sauerlandhalle schon teilweise übermalt hat, derselbe ist, der auch das Bushäuschen am Knerling "verschandelt" habe."Richtig böse bin ich auf auf denjenigen nicht, meint Stefan Dressler im Gespräch mit der RUNDSCHAU.Doch würde er gerne einmal mit dem jungen Sprühern reden, zum Beispiel darüber, daß sich Sprüher nicht gegenseitig "auf die Füße treten" sollten. "Das gilt nicht nur für Sprüher", ergänzt Reinhard Gersch, "sondern für Künstler allgemein". Beide verstehen auch nicht, warum Musikbands ihre Plakate einfach über ihre Kunstwerke an den Bushaltehäuschen kleben.Bei Stefan Dressler hat alles damit angefangen, daß er keine Lust hatte, in Hast und Eile unerlaubt Wände zu besprühen. "Irgendwann bin ich dann einfach ins Rathaus gegangen und habe gefragt, ob ich die Bushäuschen gestalten dürfte", erzählt er. Die überraschung für ihn: "Die Mitarbeiter waren und sind dem gegenüber total aufgeschlossen."So kam er auch zu der Wand an der Rückseite der alten Lehrwerkstatt.Inzwischen hat er mit seinen Freuden im Auftrag des Oberkreisdirektors Wände besprüht und er bekommt auch privat Aufträge. Mal soll er ein T-shirt gestalten, mal zur Raumgestaltung seiner Phantasie freien Lauf lassen.Stefan Dressler und Reinhard Gersch beschäftigen sich schon seit Jahren mit Graffiti und dem ganzen "Drumherum". Wer sich für das Sprühen interessiert, beschäftigt sich meist auch mit Breakdance, Rap-Musik, BMX Radfahren und Skaten. Die beiden Altenaer Freaks haben bei Workshops, aus Büchern
und Zeitungen gelernt, aber auch von »Kollegen". "Wenn Du ein Sprüher bist, kennst Du plötzlich Leute aus allen größeren Städten in Deutschland", erzählen die beiden. Das hänge wohl mit der Entwicklung zusammen. Anfang der 80er sei mit der Hip-Hop-Welle auch Graffiti aus den New Yorker Bronx nach Deutschland "geschwappt". In Holland und Frankreich hätten sich gleich in einigen Städten Zentren gebildet, In Deutschland zunächst Dortmund,Mainz,Hamburg und erstaunlicherweise Weise auch Lüdenscheid im Mittelpunkt gestanden.Inzwischen sei Deutschland die Hochburg, in die sogar viele Sprüher aus Amerika kämen. "Das ist schon witzig", blickt Stefan Dressler zurück."Früher waren das für uns die absoluten Götter, heute stehen wir neben denen." Auf Workshops und Wettbewerben lerne man viele Leute kennen, einige auch über die Graffiti-Fachzeitschriften, in denen zahlreiche Künstler ihre Bilder vorstellen würden. "Durch diese Kontakte habe ich schon einige Städte in Deutschland kennengelernt, die ich sonst nie gesehen h
tte", erklärt Stefan Dressler.Er und Reinhard Gersch wollen in den nächsten Jahren in Berlin studieren und Kontakt zu der dortigen Szene" halten. Der Studienwunsch geht bei beiden in Richtung Kunst, womit sie auch durch Graffiti eingehend Beschäftigung hätten.Auf Dauer möchten die beiden in Altena leben - und sprühen. Ihre Wunschwand in der Burgstadt? "Die riesige Betonmauer am Sammelteich, gegenüber der Auffahrt zum Nettenscheid." Bild 1: Aus den Konturen erkennen Insider die "Handschrift des Künstlers."Bild 2:irgendwann bin ich einfach ins Rathaus gegangen und habe gefragt, ob ich Bushäuschen gestalten dürfte", erzählt Dressler.Bild3:« StefanDressler und ReinhardGersch gestalteten zusammen mit ThomasFrankenberg dieses 15O Quadratmeter große Werk gegenüber der Sauerlandhalle auf der anderen Lenneseite. (WR-BildE